Funktion und Aufgabe eines europäischen Mediums

Wenn wir heute von Europa sprechen, so meinen wir dies in den aller wenigsten Fällen im geographischen Sinne.

Was „Europäertum“ bedeutet, was es heißt nicht nur Spanier, Schwede Slowake etc. zu sein, sondern eben auch Europäer, war Gegenstand der Betrachtung in den vorangegangenen Kapiteln. Um das Wort Jean Monnets von der Notwendigkeit, den Menschen ihr Europäertum bewusst zu machen, wieder aufzugreifen, stellt sich nun die Frage, wie dieses „Bewusst-machen“ gelingen kann. Man wird sicherlich konstatieren können und leider auch müssen, dass dies – zumindest was die Mehrzahl der europäischen Bürger anbelangt – in den vergangenen 50 Jahren nicht oder nur in geringen Maße gelungen ist. Viele Gründe sind dafür ursächlich, dass die Mehrheit der Bürger dem Thema Europa entweder mit Ignoranz oder sogar mit offener Ablehnung begegnen.

Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass 500 Millionen Europäer eine europäische Bürgergesellschaft und 27 Nationalstaaten eine politische Union bilden.  Von Lenin stammt der Satz: „Man kann nicht zugleich in der Gesellschaft leben und frei von ihr sein.“ Also, Ignoranz hilft auf Dauer nicht weiter. Es bleibt daher die Herausforderung, aber auch die gesellschaftspolitische Notwendigkeit, Mittel und Wege zu finden, die „Idee Europa“ in den Köpfen und Herzen ( Denken, Fühlen, Handeln ) der Menschen zu verankern.

Hierzu braucht Europa Medien, die  die EU als Einheit wahrnehmen.  Medien, die mit diesem Verständnis und mit einem europäischen transnationalen Fokus europäische wie auch globale Zusammenhänge und Entwicklungen dokumentieren, analysieren und perspektivisch kommentieren. Entscheidend dabei ist, dass dies aus einem Bekenntnis zur „Idee Europa“ heraus geschieht. Medien prägen das Bewusstsein der Menschen. Was Menschen nicht selbst erleben, nehmen sie durch die Medien wahr. Es ist ein Paradoxon, dass trotz Globalisierung, trotz aller internationaler Herausforderungen  in politischer, wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht, vor allem trotz der Existenz einer EU und damit verbunden einer europäischen Bürgergesellschaft jede Debatte europäischer und nationaler Themen nach wie vor nahezu ausschließlich aus nationalem  Blickwinkel  stattfindet. Verfolgt man die Presselandschaft in den Mitgliedstaaten der EU über einen längeren Zeitraum, so ist mehrheitlich ein weit verbreiteter Hang auszumachen, über Europa immer nur Abfälliges zu verbreiten. Vieles wird einfach nur nachgeplappert. Detaillierte Recherchen zu europäischer Politik und darauf gründende Kritik stellen die Ausnahme dar. Auch bleibt die Berichterstattung über Europa letztendlich im nationalen Reflex verhaftet und leistet somit Vorschub für die weitere Entfremdung von Europa, von der „Idee Europa“. Über die bloße Information hinaus stehen im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen fast ausschließlich die Konsequenzen der EU- Politik auf die innere Lage Italiens, Frankreichs usw., ganz selten umgekehrt.

Gemäß den traditionellen Ziel- und Lesergruppen bleibt die Projektionsfläche rein national fixiert. Jedes Land diskutiert mit sich selbst. Es geht stets um das nationale Interesse. Insoweit kann man auch getrost von einer kongenialen Partnerschaft der Mehrheit der politischen Klasse mit den nationalen Medien sprechen. Wie diese einseitige, weil rein nationale Fokussierung dann in der medialen Berichterstattung z.B. über Sitzungen des Europäischen Rates oder des Ministerrats zum Ausdruck kommt, hierzu haben sich zwei der wohl exponiertesten europäischen Köpfe ihre Gedanken gemacht.

Jacques Delors hat die mediale Darstellung der Debatten und Auseinandersetzungen zwischen den verantwortlichen Politikern der Mitgliedstaaten verglichen mit der Berichterstattung eines Fußballspiels mit Siegern und Besiegten. Der luxemburgische Premier Jean- Claude Juncker hat sich hierzu in einem Zeitungsinterview einmal so geäußert: „Bei der komperativen Lektüre der Pressedienste (nach einer Ratssitzung) frage ich mich, in  welcher Sitzung war ich eigentlich? Da wird keine Rücksicht genommen auf die Zielsetzung oder Art und Weise des Zustandekommens eines Kompromisses und einer Entscheidung“

Wenn dies einem Teilnehmer solcher Sitzungen schon schwer fällt, wie muss es erst dann den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ergehen, die Europa verstehen wollen.

Europäische Vorgänge lassen sich journalistisch nur beurteilen, wenn auch die verschiedenartigen politischen Kulturen der einzelnen Mitgliedstaaten sowie deren Interessen und Zwecke erkannt und berücksichtigt werden. In Europa ist nicht (nur) nach identischen, sondern nach komplementären Interessen zu fragen. Dies wiederum setzt ein journalistisches Denken in europäischen Dimensionen voraus. Hinzu kommt, dass europäische Kräfte der jeweiligen Gesellschaften sich erst dann im europäischen öffentlichen Raum von der EU-Perspektive aus verbinden und kommunizieren, mithin die Idee der europäischen Gesellschaft wahrnehmbar und erlebbar wird, wenn es dafür eine adäquate rein europäische Plattform gibt.

ERGO:
Die „Idee Europa“ in allen ihren Facetten, die Vermittlung des Bewusstseins um das Europäertum, eines europäisches Denkens, brauchen ein Medium (Medien), das im Bekenntnis zu dieser Idee dem traditionellen nationalen Blickwinkel, einen  neuen, europäischen Blickwinkel, entgegen, oder milde ausgedrückt, zur Seite stellt.

Das Aufgaben– und Themenspektrum für ein europäisches Medium ist vor diesem Hintergrund äußerst komplexer Natur. Aus dem Selbstverständnis heraus, der „Idee Europa“ verpflichtet zu sein, ist es seine vorrangige Aufgabe, diese Idee und die  europäische Realität, wie sie Ausdruck dieser Idee ist, (oder eben auch nicht ist) in allen ihren Facetten abzubilden. Dies zwingt zur kritischen Auseinandersetzung mit europäischer Politik, europäischen Entscheidungen, oder eben auch Entwicklungen in der Wirtschaft (Stichwort: Humankapital!) und in der Gesellschaft. Messlatte müssen dabei stets der europäische Wertekanon, die geistige und moralische Grundlage der europäischen Gesellschaft und die von den Mitgliedstaaten selbst definierte Zielsetzung der EU (z.B. Nachhaltigkeit und Hebung der Lebensqualität) sein. Es gilt den europäischen Alltag abzubilden, um dem Bürger ein Bewusstsein seines Europäertums zu vermitteln. Dabei ist eine „Brücke zu schlagen“ zwischen nationaler und europäischer Lebenswelt. Gleichzeitig muss ein solches Medium eine Plattform, ein Forum sein für den gesellschaftlichen Dialog in Europa, um somit auch als Sprachrohr der europäischen Bürger wirksam zu werden.

Letztendlich gehört es zu den vornehmsten Aufgaben eines solchen Mediums, Mitinitiator und Kommunikationsplattform für die öffentliche Debatte über die Zukunft Europas, die Gestaltung der europäischen Gesellschaft zu werden. Erfüllt das Medium diese Anforderungen, so wird es einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung einer europäischen Öffentlichkeit und öffentlichen Meinung leisten können, die für eine demokratische Gesellschaft als Legitimationsgrundlage für die Politik von existentieller Bedeutung sind. Ich will es nicht bei diesen abstrakten Überlegungen belassen, sondern einige konkrete Gedanken dazu, wie z.B. die Abbildung des europäischen Alltags etc. aussehen kann, hinzufügen.

Vorab sei jedoch noch eine Bemerkung zum Stichwort „Informationsgesellschaft“, von der gerade im ausgehenden ersten 2000er Jahrzehnt so oft und so viel die Rede war und ist, erlaubt. Täglich sind wir, ob wir es wollen oder nicht, einer Flut an Informationen ausgesetzt, die wir kaum noch bewältigen können, vor allem aber bei denen wir immer weniger in der Lage sind, zwischen für uns wichtigem und unwichtigem zu differenzieren. Die tägliche Flut an Informationen schafft beim „normalen Bürger“ eher Ängste und Unverständnis.

Wenn es um Informationen über Europa geht, kommt man nicht umhin, hierbei manchmal sogar „Methode“ zu vermuten. Aber im Ernst, Informationen dienen allein dem Zweck zur Bewältigung der Probleme des Alltags oder zum besseren Verständnis der Zusammenhänge. Und damit sind wir wieder bei dem Aufgabenspektrum eines europäischen Mediums als Informationsmedium. Diese Informationsflut zwingt die Medienmacher zu einem Umdenken. Die alleinige Verbreitung von Informationen, gleich welcher Art, genügt nicht, um seiner Verantwortung als Journalist und Verleger gerecht zu werden.

Informationen müssen vielmehr in einen „Kontext“ gestellt werden – die „Story hinter der Story“. Nur so gewinnt die Information an Nutzwert für den Empfänger. „Kontext“ bedeutet, einen „Verstehensrahmen“ liefern, in den die Information eingebettet ist. Dies ist bei der für die meisten Bürger sicher wenig präsenten Thematik „Europa“ geradezu eine „ conditio sine qua non“. Und in diesem „Kontext“ gilt es noch einem anderen Phänomen entgegen zu wirken, das sich in erschreckendem Maße in der Medienlandschaft breit gemacht hat. Die Rede ist vom sog. Infotainment, einem Begriff, an dem sich immer mehr Medienverantwortliche berauschen.

Hierzu ein Wort des amerikanischen Kommunikationswissenschaftlers Neil Postman: „Infotainment ist die Methode, jedes Thema in Unterhaltung zu verwandeln, dadurch die Fähigkeit zur rationalen Urteilsbildung zu zerstören, die Grundlagen der Demokratie zu zersetzen und das Volk in die Unmündigkeit zu führen.“

 Klarer kann man es wohl nicht formulieren! Folgt man dieser berechtigten Kritik an medialer Informationsvermittlung, so ergibt sich für ein europäisches Medium  folgendes journalistisches Profil zum Beispiel bei der Abbildung des europäischen Alltages. Zum europäischen Alltag gehört zuvorderst die europäische Gesetzgebung. die mehr und mehr unsere Lebenssituation als Bürger der EU prägt. Von europäischen Gesetzen, (ich räume ein, der Begriff ist hier sehr undifferenziert gewählt) erfahren wir europäischen Bürger in der Regel erst, wenn sie verabschiedet worden sind. Es heißt dann: „Die EU hat beschlossen, ….“

 Das nationale Gesetzgebungsverfahren erfährt dagegen von Beginn an größtmögliche mediale Aufmerksamkeit. Zu jedem Aspekt melden sich Politiker und Experten zu Wort, die, je nach Funktion oder parteipolitischer Couleur, Sinn und Unsinn dieser oder jener Gesetzesinitiative zu erläutern suchen. Diese öffentlich geführte Debatte ist für das Funktionieren einer Demokratie von immanenter Wichtigkeit. Demokratie bedeutet Teilhabe. Teilhabe bedingt Informationen und Transparenz. Konflikte, Kompromisse und Verständigung müssen in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, um ein produktives Zusammenleben zu ermöglichen. Erst durch die Möglichkeit der Teilnahme an politischen Diskursen fühlt sich der Bürger auch dem politischen System gegenüber verpflichtet. Er versteht und akzeptiert seine Entscheidungen.

Zugegeben, das europäische Gesetzgebungsverfahren ist äußerst kompliziert und komplex. Der Prozess von der Initiative der EU- Kommission bis hin zur endgültigen Beschlussfassung durch Ministerrat und Europäisches Parlament ist oftmals langwierig. Dennoch: diese Gesetze sind für uns europäische Bürger von gleicher Wichtigkeit wie die nationalen Gesetze. Europa ist, das kann nicht oft genug betont werden, Teil der nationalen Innenpolitik

Es gilt, verstehen und nachvollziehen zu können, welcher Zweck mit dieser oder jener Regelung – wie sie von der Kommission erdacht wurde – verfolgt wird. Wie ist sie in Einklang zu bringen mit der vertraglich definierten Zielsetzung der EU? Vor allem aber, wie wirkt sich diese Regelung nachher auf unsere jeweilige nationale Lebenswelt aus? Trotz europäischer Bürgergesellschaft und gemeinsamer europäischer Lebenswelt, die nationale Lebenswelt des Schweden, des Portugiesen etc. ist eine andere als die des Deutschen, Finnen oder Franzosen.

Auf jede dieser Lebenswelten wirkt sich die europäische Gesetzgebung in der Regel höchst unterschiedlich aus. Am Ende kommt es zwar zu einer europäischen Rechtsharmonisierung in dem jeweiligen Bereich, aber die damit verbundenen Änderungen des nationalen Rechts, der nationalen Gewohnheiten können zwischen den Mitgliedstaaten erheblich divergieren. Europäische Entscheidungen können mithin nicht im „Gießkannenprinzip“ für alle europäischen Bürger gleich kommuniziert werden, sondern bedingen entsprechend differenzierter Vermittlung.

Sodann haben wir gesehen, dass europäische Entscheidungen, gleich welcher Art, grundsätzlich immer Kompromisse darstellen. Um diese Kompromisse und ihr Zustandekommen zu verstehen, müssen die europäischen Bürger aber wissen, welche und wessen Interessen bei der Kompromissfindung eine Rolle gespielt haben. Es kann dabei nicht ausreichen, zu erfahren, welche Position der verantwortliche Minister oder Regierungschef des eigenen Landes vertreten hat. Auch die Vorstellungen der anderen Partner sind abzubilden. Natürlich spielt es auch eine Rolle, zu erfahren, welche weiteren Interessen Einfluss genommen haben.

Das alles verstehe ich unter Transparenz, die ein europäisches Medium sicherzustellen hat. Aber damit nicht genug: Die europapolitischen Vorstellungen der Regierungen, also nicht nur der eigenen, gilt es, nachvollziehen zu können. Sie alle fließen letztendlich in die europäischen Entscheidungen mit ein.

Europapolitik wird nicht nur in Brüssel, sondern auch in den Hauptstädten und Regierungszentralen der Mitgliedstaaten gemacht. Auch möchte ich als bewusster Europäer erfahren, ob und wie die Mitgliedstaaten ihrer europäischen Verantwortung gerecht werden, und gemeinsam gefasste Beschlüsse umsetzen. Ich möchte zudem wissen, welche Erwartungen die europäischen Bürger in anderen Mitgliedstaaten mit der „Idee Europa“ verbinden. Und schlussendlich muss und sollte mir als europäischem Bürger ein solches Medium auch die Möglichkeit eröffnen, meine Meinung zu dieser oder jenen Problematik europaweit kund zu tun. Es reicht nicht aus, dass z.B. die deutschen Europaverantwortlichen um die Meinung ihrer Bürger wissen, ihnen sollten auch die aus anderen EU- Staaten nicht verborgen bleiben. Letztendlich tragen deutsche Minister im Ministerrat und der deutsche Regierungschef im Europäischen Rat nicht nur Verantwortung für die deutschen EU- Bürger, sondern für alle Unionsbürger.

Ein nicht zu überschätzender Nebeneffekt dieser medialen Auseinandersetzung mit Europa ist übrigens, dass Europa endlich „Gesichter“ bekommt. Es wird Verantwortung identifiziert. Kurzum: Wer macht was, warum? Über diese Personifizierung werden auch die institutionellen Strukturen und Zusammenhänge sichtbar und verständlich. Zum europäischen Alltag gehören aber auch die Auseinandersetzungen zwischen Madrid und Brüssel über Fischereiquoten oder die anderen Auseinandersetzungen zwischen Brüssel und nationalen Regierungen bei der Umsetzung europäischer Entscheidungen. Als europäischer Bürger mit Wohnsitz in Belgien interessieren mich die Argumente des spanischen Fischereiverbandes und die Kritik der Spanier genauso wie beispielsweise die Argumente der deutschen Automobilindustrie bei der Ablehnung europäischer Abgasnormen.

Der Katalog solcher Beispiele ließe sich fortführen. Sie machen jedoch bereits deutlich, das Themenspektrum eines europäischen Mediums ist nahezu unbegrenzt. Um Europa wirklich zu verstehen, bedarf es eben dieser „journalistischen Feinarbeit“, wobei stets als oberste Maxime zu gelten hat, jede Information ist in einen Verstehensrahmen einzubetten.

Ich möchte das Augenmerk noch  auf ein Spezifikum der EU lenken, das für ein europäisches Medium in besonderem Maße zu berücksichtigen ist. Im Nationalstaat kreist die Politik um die Pole Markt und Regierung. Im Unterschied dazu operiert die EU- Politik zwischen drei Polen: Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Der EU gilt die Zivilgesellschaft als „dritte Komponente“ ihres Regierungssystems mit einer gesellschaftspolitischen Mittlerfunktion.  Deshalb ist es für ein europäisches Medium unabdingbar, auch Kommunikationsplattform zivilgesellschaftlicher Organisationen und ihrer Anliegen zu sein.

Zu guter Letzt mag der Bogen noch etwas weiter gespannt werden. Es ist bereits im Zusammenhang mit der Rolle des Europäischen Parlamentes zur Sprache gekommen – die Notwendigkeit der öffentlichen Debatte über die Zukunft der EU. Das entsprechende Stichwort in den Expertenrunden hierzu lautet: „Finalität des Integrationsprozesses“.

Diese Diskussion in Expertenzirkeln rankt dabei vornehmlich um die Frage, wie föderalistisch strukturiert soll die EU in Zukunft sein  (Stichwort: Vereinigte Staaten von Europa). Ich möchte diese Diskussion nicht vertiefen, wohl aber einen Aspekt ansprechen, der nach meiner Wahrnehmung in dieser Diskussion zu kurz kommt. Wenn es um die Debatte über die Zukunft Europas geht, muss es auch, oder vor allem um die Fortentwicklung und Vertiefung der europäischen Bürgergesellschaft gehen. Darin unbedingt eingebunden werden muss die Diskussion darüber, wie es gelingt, dem europäischen Wertekanon nach innen und nach außen nachhaltig Geltung und Akzeptanz zu verschaffen. Die Globalisierung ist auch als Wettbewerb um Lebensformen und Philosophien zu verstehen. Hier sehe ich es als die herausragende Aufgabenstellung eines europäischen Mediums, für eine solche breite öffentliche Debatte ein mediales Forum zu eröffnen. Hier bietet sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament an. Es geht um die Frage, wie wir Europäer in Zukunft als Gemeinschaft leben wollen.

Die Zeiten in denen man glaubte, man könne Europa schweigend bauen, der Konsens stelle sich schon irgendwie ein, sind endgültig vorbei. Es galt lange Zeit als Dogma, dass man die Grundsatzfragen liegen lassen und sich auf praktische Fortschritte konzentrieren sollte.

Was ist ein Fortschritt, wenn niemand weiß, wohin die Reise geht. Das Wort Fortschritt hat nur Sinn, wenn man sein Ziel kennt. Und genau darum geht es, um eine öffentliche Debatte darüber, was die EU sein will, was die europäische Bürgergesellschaft sein soll und welcher Weg zu diesem Ziel führt. Will man den europäischen Bürger für das Ziel gewinnen, dann muss man miteinander über dieses Ziel offen und öffentlich sprechen. Es ist an der Zeit für ein neues europäisches Denken! Kurzum: Es ist an der Zeit für transnationale Medien, die im Sinne der sog. 4. Gewalt unserer demokratischen Gesellschaftsordnung einen Beitrag zur Entwicklung einer europäischen Öffentlichkeit und zur Vertiefung der Idee der europäischen Bürgergesellschaft leisten.