Die Idee Europa – Modell einer transnationalen Bürgergesellschaft
Mit seinem Credo, Europa ist nicht nur eine Gemeinschaft von Staaten, sondern auch eine Union der Bürger“, hat Jean Monnet mit knappen Worten die beiden Facetten der „Idee Europa“ auf den Punkt gebracht.
So ist die „Union der Bürger“ auch das Modell einer transnationalen, pluralistischen, demokratischen, solidarischen Bürgergesellschaft. Diese „europäische Bürgergesellschaft“ überspannt wie eine Art „Dachkonstruktion“ die nationalen Gesellschaften der 27 Mitgliedstaaten.
Dieses Modell, diese Idee verschafft dem europäischen Bürger das weltweit bisher einmalige Privileg, zugleich in einer nationalen Lebenswelt als Bürger seines Heimatlandes zu Hause zu sein und gleichzeitig an einer gemeinsamen europäischen Lebenswelt teilzuhaben, indem er Mitglied eben dieser europäischen Bürgergesellschaft ist. Diese „Mitgliedschaft“ der europäischen Bürgergesellschaft eröffnet den Deutschen, Belgiern, Franzosen, Esten etc. ein Mehr an persönlicher Freiheit und zur Lebensgestaltung, als ihm seine nationale Lebenswelt bieten kann.
Dies zu verstehen, die Parallelität von nationaler und europäischer Bürgergesellschaft nachvollziehen zu können, bedarf aber des von Walter Hallstein eingeforderten Bruchs mit tief gewurzelten Gewohnheiten des Denkens, Handelns und Fühlens. Dieses Privileg des europäischen Bürgers ist im Prinzip das, was im Sinne Jean Monnets als Charakteristikum des „Europäertums“ gilt. Auch wenn beide Lebenswelten untrennbar miteinander verknüpft sind, so erscheint doch der so oft in der Öffentlichkeit verwendete Begriff von der „Europäisierung unserer Gesellschaften“ zumindest irreführend.
Vor dem Hintergrund des zunehmenden Einflusses der europäischen Gesetzgebung auf die nationalen Lebensverhältnisse und Rechtsordnung mag zwar der Begriff „Europäisierung“ naheliegend sein, doch streng genommen lässt dies außer Betracht, dass die Mitgliedstaaten selbst den entscheidenden Einfluss auf die Politik ausüben. Europäische Politik, europäische Gesetzgebung ist stets auch das Ergebnis einer Kompromissfindung in die 27 nationale Vorstellungen und Interessen eingebunden sind.
Auch assoziieren diejenigen, die mit der „Idee Europa“ nicht sonderlich vertraut sind, dies dürfte wohl die Mehrheit der europäischen Bürger sein, mit dem Begriff „Europäisierung“ eine von Brüssel oktroyierte Gleichmacherei und Gleichschaltung nationaler Gewohnheiten und Traditionen, nicht nur kultureller sondern auch gesellschaftlicher und rechtlicher Art. „Europäisierung“ wird also gleichgesetzt mit dem Verlust nationaler Identität. Gerade das ist aber nicht gewollt. Um dieser Fehlwahrnehmung oder besser diesem Mythos entgegenzuwirken, scheint die begriffliche Trennung von europäischer und nationaler Lebenswelt zielführender.
Wir sind also keine „europäisierten“ Deutsche, Franzosen, Ungarn, etc., sondern Polen und Europäer, Belgier und Europäer, Dänen und Europäer.
In unserer nationalen Identität, in unserer nationalen Lebenswelt unterscheiden wir uns, als Europäer verbindet uns die gemeinsame europäische Lebenswelt. Vielleicht ist diese Betrachtungsweise sogar der Schlüssel für die Suche nach der gemeinsamen europäischen Identität, auf der sich so viele Experten seit Jahren befinden. Statt nach einer einzigen, gemeinsamen Identität zu suchen, ist es leichter zu vermitteln, dass wir Europäer zwei, nebeneinander bestehende, jedoch miteinander verwobene Identitäten besitzen. Dass die Mehrheit der Europäer sich dessen nicht bewusst ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Bei der Vermittlung des Bewusstseins einer solchen zweigliedrigen Identität mag folgender Aspekt hilfreich sein:
Bei entsprechender Fokussierung des Blickwinkels auf das „Verfassungsgefüge“ der Europäischen Union, lassen sich die Europäischen Verträge, insbesondere in ihrer aktuellen Fassung (Lissabon- Reformvertrag) mit der Einbeziehung der Charta der Grundrechte durchaus interpretieren als Grundlagenvertrag einer europäischen Bürgergesellschaft.
Der Terminus „Grundlagenvertrag“ erscheint schon deshalb opportun, als dieser Gesellschaftsvertrag „lediglich“ die geistigen, politischen und rechtlichen Fundamente der europäischen Bürgergesellschaft definiert. Auf dieser Grundlage muss sich die Idee der europäischen Bürgergesellschaft verfestigen und weiter entwickeln. Vieles von dem, was aus dem neuen EU- Vertrag zum Thema „europäische Bürgergesellschaft ableitbar ist, ist nicht neu, sondern bildet bereits – von der Mehrheit der Bürger kaum wahrgenommen – seit Jahren und teilweise seit Jahrzehnten die Grundlagen des sich schrittweise entwickelnden Modells der europäischen Zivilgesellschaft. Der jetzt in Kraft getretene Reformvertrag von Lissabon eröffnet aber die Chance, diese Facette der „Idee Europa“ den Bürgern zu vermitteln und ihnen damit ihr Europäertum bewusst zu machen. Mit diesem neuen EU- Vertrag zementiert die Union ihr Selbstverständnis als eine wertegebundene Gemeinschaft. Höchst prominent kommt dieses Selbstverständnis der Wertegemeinschaft in Art. 2 EU- Vertrag (n. F.) zum Ausdruck:
„Die Werte auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“
Dieser Wertekanon findet seinen Ursprung in der Aufklärung und im Christentum. Ziel der Union ist es, diese Werte zu fördern.
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, selbstverständlich auch die Beachtung der Menschenrechte und Menschenwürde bilden für die europäische Gesellschaft den Rahmen der Ausübung von „staatlicher“ Hoheitsgewalt der EU- Institutionen im Verhältnis zu den Bürgern. Diese Institutionen sind genauso Teil unserer Lebenswelt, wie die nationalen Staatsorgane. Sie sind Elemente der europäischen Bürgergesellschaft. Ausdruck des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit ist die Garantie des individuellen Rechtsschutzes gegen die öffentliche Gewalt durch unabhängige Gerichte. Eben diesen individuellen Rechtsschutz eröffnen die EU- Verträge dem europäischen Bürger, und zwar in letzter Konsequenz durch den Europäischen Gerichtshof (EUGH), aber auch durch die Gerichte der Nationalstaaten. Dieser Rechtsschutz besteht unter anderem, wenn ein Mitgliedstaat europäische Gesetze nicht ordnungsgemäß umsetzt und dem betroffenen Bürger dadurch Nachteile erwachsen, der Bürger hoheitlicher Maßnahmen durch nationale Behörden ausgesetzt ist, die im Widerspruch zu geltendem europäischen Recht stehen. Europarecht bricht nationales Recht! In das Rechtsystem der EU sind also nicht allein die Mitgliedstaaten eingebunden, sondern in gleicher Weise mit Rechten und Pflichten jeder europäische Bürger.
Bereits im Jahre 1963 hat der EUGH in seiner Entscheidung zur Rechtssache „van Gend & Loos“ dies ausdrücklich betont:
„… aus alledem ist zu schließen, dass die Gemeinschaft ( heute „EU“, Anm. d. A.) eine neue Rechtsordnung des Völkerrechts darstellt, eine Rechtsordnung, deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Einzelnen sind. Das von der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten unabhängige Gemeinschaftsrecht soll daher den Einzelnen ebenso, wie es ihm Pflichten auferlegt, auch Rechte verleihen.“
Damit ist ein Element der europäischen Bürgergesellschaft definiert.
Der eingangs zitierte Art. 2 des EU- Vertrages (n. F. ) beschreibt jedoch nicht nur Wertemaßstäbe im Verhältnis EU und europäischem Bürger, sondern nennt zudem, wenn man so will, gesellschaftliche Werte, die das Verhältnis der europäischen Bürger untereinander, also das geistige Fundament der europäischen Bürgergesellschaft darstellen. Es sind Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Männern und Frauen. Auch in diesem Verhältnis muss das Gebot der Beachtung der Menschenwürde als oberste Handlungsmaxime gelten. Die Beachtung der Menschenwürde ist nicht eine Aufgabe des Staates oder staatlicher bzw. gemeinschaftlicher Institutionen, sie ist die Angelegenheit eines jeden Einzelnen.
Aus dem Vorstehenden lässt sich in einer Art Umkehrschluss argumentieren: Eines solchen ausdrücklichen Wertebezuges bedürfte es nicht, wenn es sich – wie von der Mehrheit der europäischen Bürger angenommen – bei der EU ausschließlich um eine reine Staatengemeinschaft zur Verfolgung wirtschaftlicher Interessen handelte. In der Tat hat also die „Idee Europa“, zwei Facetten – die der Vernetzung von Staaten verbunden mit teilweisem Souveränitätsverzicht zugunsten der Gemeinschaft, und eben die des Modells einer europäischen Bürgergesellschaft.
Letzteres wird zudem bestätigt durch die Präambel der Charta der Grundrechte, die jetzt integraler Bestandteil des europäischen Primärrechtes („Verfassungsrechtes“) ist. Dort heißt es:
„Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedvolle Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden. In dem Bewusstsein ihres geistigen, religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt die Person in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.“
Die Charta der Grundrechte, bzw. die hierin niedergelegten Rechte, wie die der Würde des Menschen mit den damit verbundenen Rechten auf Leben, Unversehrtheit, Verbot der Folter wie den klassischen Freiheitsrechten einschließlich unternehmerischer Freiheit und Eigentum, Asylrecht etc. (Art. 6 – Art.19), wie Gleichheit, z.B. Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichheit von Männern und Frauen, Diskriminierungsverbote, Rechte der Kinder, etc. wie die Vielfalt der Religionen, Kulturen und Sprachen (Art.20 – Art. 26), wie Solidarität (Art. 27 – Art 38), wie Bürgerrechte (Wahlrecht zum EP und Kommunalwahlen),sowie die „Grundfreiheiten“, wie Freizügigkeit und Aufenthaltsrecht, Recht auf eine „gute Verwaltung“, Recht auf Zugang zu Dokumenten, Petitionsrechte, diplomatische und konsularischen Schutz (Art. 39 – Art 46), schließlich die „klassischen“ justiziellen Rechte (Art. 47 – Art 50), sie alle bilden das Fundament und den Rahmen der europäischen Bürgergesellschaft.
Sich dessen bewusst zu werden, zu begreifen, dass diese europäische Bürgergesellschaft dem Einzelnen ein Mehr an persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten seines Lebens bedeutet, dass dieses Mehr aus dem Eingebundensein „seines“ Staates in der Union herrührt, dass er eben nicht nur Tscheche, Brite, Portugiese, etc. ist, sondern eben auch Europäer, und dies nicht nur aus geographischen Gründen, dies alles bedingt einen Bruch mit tief gewurzelten Gewohnheiten des Denkens, Handelns und Fühlens. (Walter Hallstein). Dies alles bedingt ein neues, ein europäisches Denken. Die Besonderheit, die Exklusivität des gesellschaftspolitischen Modells der EU erschließt sich in Verbindung mit dem Begriff „Unionsbürgerschaft“.
Der britische politische Philosoph Thomas H. Marshall hat in seinem 1959 in der „Cambridge University Press“ erschienen Aufsatz „citizenship and social class“ drei Entwicklungsstufen des Staatsbürgerstatus und der damit verbundenen Rechte und Pflichten skizziert: „Im 18. Jahrhundert begründete der Staatsbürgerstatus bürgerliche, im 19. Jahrhundert politische und im 20. Jahrhundert soziale Rechte.“
Die Bürgerrechte schlossen das Recht auf Privateigentum und damit zusammenhängender Rechte ein, ebenso das Recht auf Privatsphäre, Meinungs-, Religions-, und Pressefreiheit. Mit den politischen Rechten (19. Jahrhundert) wurden die Bürgerrechte auf Minderheiten und auf Frauen ausgeweitet. Im 20. Jahrhundert kamen die sozialen Rechte, etwa auf Ausbildung, Altersversorgung, Arbeitsplatz etc. hinzu, mit dem Ziel, dem Menschen die Möglichkeit zu einem erfüllten, sinnvollen Leben zu eröffnen. Das Modell, bzw. die Entwicklungsstufen, die Marshall nachzeichnet, beziehen sich auf die nationalen Gesellschaften in Europa, d.h. den Staatsbürgerstatus, der an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist, und der allein in den Grenzen des Staates lebbar und erlebbar ist.
Mit der „Unionsbürgerschaft“ und den sog. Grundfreiheiten des EU-Vertrages ist für die Europäer eine weitere Entwicklungsstufe, ein transnationales Element, hinzu gekommen. Für den Europäer, für den Unionsbürger, gelten diese Rechte europaweit, d.h., ihre Ausübung ist eben nicht mehr auf das nationale Territorium begrenzt. Unionsbürgerschaft und nationale Staatsangehörigkeit sind zwei Seiten der gleichen europäischen Medaille. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzt. Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu, ohne diese zu ersetzen. Die Unionsbürgerschaft ist das rechtliche Fundament einer europäischen Bürgergesellschaft.
Die Unionsbürgerschaft verleiht uns politische (und soziale) Rechte, die eine Teilhabe an der europäischen Lebenswelt ermöglichen. In allen Mitgliedstaten der EU leben zu können, und zwar unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des jeweiligen Landes, d.h. frei von Repressalien, die aus der Nationalität, Religion etc. herrühren, das ist gelebtes Europa, das ist die gelebte und erlebbare „Idee Europa“.
Die Unionsbürgerschaft, das ist das gesellschaftspolitische Phänomen, hebt innerhalb der EU die Abgrenzung „Inländer – Ausländer“ auf. Damit nicht vereinbar ist, dass jüngst eine in Belgien veröffentliche Statistik davon spricht, dass in Belgien 971.000 Ausländer (9,1 % der belgischen Bevölkerung) leben, gleichzeitig aber festgestellt wird, dass 2/3 dieser als „Ausländer“ bezeichneten aus anderen EU- Staaten stammen. Diese ca. 650.000 Menschen sind Unionsbürger und keine Ausländer! Die EU ist nicht Ausland. Wir leben alle gemeinsam in der EU mit gleichen Rechten und Pflichten. Ein Umdenken tut Not!
Ihre Repräsentanz im institutionellen Gefüge der EU hat die europäische Bürgergesellschaft im Europäischen Parlament. So heißt es in Art. 10 II, EU- Vertrag: „ Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten.“
Es ist hier weder Ort noch Zeit für eine kritische Auseinandersetzung mit der immer wieder diskutierten Frage, wie demokratisch die EU eigentlich ist. Eines ist sicherlich den Kritikern des System EU zu konzedieren, dem Idealbild von Fundamental- Demokraten entspricht das Gefüge nicht. Die Frage aber ist, ob man sich nicht auch hier bei der Bewertung von traditionellen Schablonen des Staatsverständnisses lösen und der Einzigartigkeit des europäischen Gebildes Rechnung tragen muss. Europa ist nun einmal in jeder Hinsicht ein Kompromiss.
Ein Aspekt, der in der europolitischen Diskussion nicht, oder nur am Rande eine Rolle spielt, jedoch für das Verhältnis des Bürgers zu seinem Parlament nicht unbedeutend sein dürfte: Alle 5 Jahre finden Direktwahlen zum Europäischen Parlament statt. Im Sommer 2009 war es wieder soweit. In allen Mitgliedstaaten ringen die nationalen Parteien um die Gunst der Wähler. Die Themen, mit denen man sich dieser Gunst versichern will, haben in der Regel nur sehr wenig mit Europa zu tun. Schon hierin liegt ein Versagen der Parteien. Art. 10 IV des EU- Vertrages (n. F) besagt nämlich: „Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei.“
In Wahrheit stimmt der Bürger jedoch nicht über Themen, die die europäische Bürgergesellschaft, also alle Europäer betreffen, ab, sondern jeweils über die Politik der gerade in seinem Mitgliedstaat Regierenden. Das wäre noch hinnehmbar, wenn die Europapolitik der jeweiligen nationalen Parteien auf dem Prüfstein stände. Doch weit gefehlt. Es fehlt an einem einheitlichen europäischen Wahlrecht, vor allem aber fehlt es an europäischen Parteien, die mit einer erkennbar divergierenden, aber alle nationalen Untergliederungen der jeweiligen Partei bindenden Programmatik um die Gunst der Wählerinnen und Wähler ringen.
So sehr es zu begrüßen ist, dass die Rolle des Europäischen Parlaments als Legislativorgan im Rahmen der europäischen Verträge gestärkt worden ist, ist es doch an der Zeit, dass das Europäische Parlament sich in Zukunft zu dem Forum entwickelt, in dem die Zukunftsfragen der Europäischen Bürgergesellschaft diskutiert – am liebsten kontrovers diskutiert werden. An diesem Ort muss die Diskussion darüber stattfinden, wie wir Europäer in Zukunft leben wollen, hier muss die Frage diskutiert werden, wie es gelingt, unseren gemeinsamen Wertekanon, auf dem die europäische Bürgergesellschaft gründet, zu verteidigen und im Bewusstsein der Bürger zu verankern. Wir Europäer müssen uns für einen Wettbewerb auf höheren Ebenen wappnen. Es geht nicht nur um den Wettbewerb um Arbeitsplätze und materiellen Wohlstand, sondern auch um den Wettbewerb um Lebensformen, Weltanschauungen und Philosophien. Es geht nicht zuletzt um die Bewahrung unserer kulturellen Identität!
Wenn sich das Europäische Parlament zu eben diesem Forum entwickelt, leistet es den ihm angemessenen Beitrag zur Herausbildung eines europäischen Bewusstseins.